Sonntag, 21. Juli 2013

Null/Zero - Einführung / Introduction



happy sissy boy in the 1950s, 
long stockings and suspenders/garters



What is a sissy boy? A boy or man who wants also to experience the feminine part of his character. As is known by psychology, each human being contains parts of both characters, albeit a man contains more masculine, and a woman more feminine portions in the soul. Let us boys and men experience also the other side. Many of my stories published in these blogs deal with experiences of this kind - particularly the following in this blog.

Please comment at the end of each post.



Vielleicht war es so, daß Knaben, die ihre langen Strümpfe liebten - damals bis in die 1960er Jahre -, im Amerikanischen als "sissy boy" bezeichnet wurden. Da ich sehr gerne lange Strümpfe unter kurze Hosen anzog - wie Toni in der Zeichnung oben -, wollte ich wissen, was das bedeutet. Damit wird ein Junge oder junger Mann bezeichnet, der das Mädchenhafte in seiner Seele liebt, vielleicht mehr als das Männliche. Und aus eigener Erfahrung - bis heute, da ich fast 80 bin - weiß ich wie schön das ist.

Allerdings, eine Nation, die das Militärische, das Martiale meint nötig zu haben, kann sissy boys nicht gebrauchen und sieht immer zu, diese Eigenart der Knaben als minderwertig zu mißachten.

Bitte kommentiert am Ende jedes Posts.






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Zweitens - als Kind nach dem Fall von Königsberg




2)   lange Strümpfe als Segen

Kriegskind heilt seine Seele
- ziemlich realistisch geträumt -

a vintage boy war story - stockings

(eine meist erfundene Geschichte aus dem Jahr 1946, 
seht hierzu eine Lese-Quelle, ihr findet sie rechts unter „November, Drittes Erlebnis“



Der Beginn dieser Geschichte findet ihr rechts unter „Januar, Erstes Erlebnis“

mein Blog der langen Knabenstrümpfe in alten Zeiten 






Dann hatten wir ein Ereignis, das damals häufig war, 1946, in den Jahren nach dem Krieg. Unser Leben wurde dadurch ganz anders. Zwei Leute kamen zu uns, eine Frau von der Stadtverwaltung – wie sie sich vorstellte – mit einem Jungen an der Hand. Ich dachte, er war etwa mein Alter. „Hier ist Daniel,“ sagte sie, und Daniel verbeugte sich und sagte noch mal, „Daniel.“ – „Ich komme mit Daniel, weil er so allein ist und ein Zuhause sucht.“

Mutti und die Frau setzten sich. Und wussten nicht, was sie sagen sollten. Wir waren alle sehr verlegen, und ich ging erstmal zu Daniel und gab ihm die Hand, „komm, setz dich.“ Doch Daniel blieb stehen, und wir sahen uns an. Im Leichtsinn sage ich, „bleib doch einfach hier.“ Und Mutti sagt auch, „bleib doch einfach hier bei uns, wir haben noch etwas Platz, nein, gut Platz.“ – Es war nicht Leichtsinn, es war irgendwie Liebe, merke ich.

Denn wir mögen Daniel gleich sehr gerne, er hat etwas sehr Feines an sich, wenn auch seine Kleidung verlumpt und dreckig ist, und viele Löcher hat. Er trägt eine grau–grüne Stofftasche über der Schulter, die er fest an sich klammert. Es muß Wertvolles darin sein.

„Daniel ist seit ein paar Tagen hier in der Stadt und schlief im Obdachlosenheim, aber das geht ja nicht so weiter,“ sagt die Frau. „Daniel, sag mal selbst.“

Daniel stottert etwas herum, mag wohl nicht erzählen, was mit ihm ist, und fängt etwas an zu weinen. Wie er beginnt, merke ich, daß seine Sprache etwas anders ist als unsere, eine andere Betonung, oder richtiger, eine andere Musik. „Ich bin Flüchtling, aus Ostpreussen, alle sind fort, alle habe ich verloren, die ganze Familie, ich bin der einzige, der übrig íst.“

„ . . . schon so lange bin ich unterwergs, und wusste nie, wohin eigentlich. Auch eure Stadt ist mir genau so fremd, habe noch nie den Namen gehört.“

„Kann mir nicht vorstellen, wo ich eigentlich bin,“ und seine Augen werden wieder naß.

Das hört man so häufig in dieser Zeit, und nun kommt so jemand zu uns. Schon lange habe ich mich danach gesehnt, solchen  Flüchtlingen mehr helfen zu können, sie aufzunehmen. In unserer Klasse sind einige Flüchtlinge, aus Ostpreussen, aus Schlesien, aus Russland sogar. Ich gebe ihnen oft von meinem Brot ab. Teile mit ihnen, was ich habe, und Mutti gibt mir oft etwas Besonderes für die Kinder aus dem Osten mit, mal einen schönen Apfel oder so.

„Und was seid ihr für Leute?“ fragt Mutti. Daniel ist still, dann: „meine Eltern sind Lehrer – ach nein, ich denke, sie sind sind alle tot.“ „Lehrer in Königsberg. Doch zum Schluß war mein Vater eingezogen, als Soldat, und da ist er gefallen, haben wir gehört, tot, irgendwo in Russland. Hat sich wohl sehr quälen müssen, und ich liebe ihn doch so,“ und er weint hemmungslos, und Mutti nimmt ihn in die Arme, „nun bist du hier bei uns, sei willkommen.“

Ich sage auch, „sei willkommen bei uns.“

Die Frau sagt, „nun kann ja alles mal ein wenig besser werden, nicht wahr, Daniel?“ Er nickt etwas, bedankt sich bei ihr und gibt ihr mit einer Verbeugung die Hand zum Abschied.

Mutti sagt, „ich heiße Eta, und mein Junge heißt Stefan. Komm, wir gehen mal in die Küche, vielleicht möchtest du etwas essen, ein Glas Milch vielleicht, ja?“

Daniel setzt sich bescheiden auf den Küchenstuhl. „Zieh doch mal deinen Mantel aus, wenn du möchtest,“ und er tut es und hängt ihn an die Garderobe auf dem Flur. „habe schon lange keine Garderobe mehr benutzt.“ Ich sehe seine dunklen Überfallhosen, und er tut mir leid wegen der Löcher. „Darf ich dir frische Hosen geben?“ „Ach ja, das würde mir sicher sehr gut tun, aber meine Unterwäsche ist auch sehr schmutzig. Hast du welche übrig? Alles war so schrecklich in den letzten Wochen. Habe oft in irgendwelchen Ställen oder Schuppen geschlafen.“

Nach dem kleinen Essen zeige ich ihm das Bad und gebe ihm die frische Wäsche. „Nimm ein schön-warmes Bad,“ sagt Mutti und dreht das Wasser an der Wanne an. Daniel zieht sich aus, sehr verlegen, „weil alles so dreckig ist, mag ich euch gar nicht zeigen,“ sagt er. Ich sehe seinen dünnen und kleinen Körper.

„Ich möchte das gerne selbst waschen. Ist doch meine Sache, oder?“ Mutti lässt ihn und gibt ihm Waschpulver. Nach langer Zeit kommt er und sieht ganz anders aus, „oh, du siehst ja noch feiner aus als ich vorhin vermutet hatte – als ihr kamt,“ sagt Mutti leise lächelnd.

„Ja, irgend wie waren wir mal feine Leute, Oberschullehrer, wißt ihr.“ In Gedanken geht er zum Bücherschrank und sieht zu den Buchrücken – “ja, das hatten wir auch,“ und er zeigt auf einen Band, auf dem Hermann Hesse steht. „– habe ich aber noch nicht gelesen, da wird es ja mal Gelegenheit geben, oder?“ Ich wundere mich über das, was er so sagt. Ich habe das Buch auch noch nicht gelesen, hätte nie den Gedanken gehabt, aber der Daniel! Kommt aus den Trümmern dieses schrecklichen und verlorenen Krieges und sagt so was!

Mutti sieht ihn an, streicht ihm sanft über den Rücken und sagt, „ich habe einige gute Bücher, und außerdem kannst du dir gewiß welche in der Schulbibliothek ausleihen.“ Daniel erholt sich ein paar Tage, schläft viel, und kommt dann mit in die Schule, und er kommt in meine Klasse. „Wisst ihr, was der größte Genuß ist? Diese schöne und reine Kleidung, so sauber und sogar gebügelt!“ Er trägt immer die langen Hosen, die ich trug bevor ich zu den langen Strümpfen zurück kehrte. Daniel ist ja auch ziemlich viel kleiner als ich. Doch in derselben Klasse. „Ich habe zuhause mit Englisch angefangen, und würde Latein genommen haben, wenn alles anders geworden wäre, mal sehen, wie das nun gehen kann.“

Latein ist auch meine Idee, und wie wir uns zu Ostern entscheiden müssen, nehmen wir beide Latein, zusammen. Und ich bin heute noch froh, daß ich diesen Weg gegangen bin. „Französisch kann man doch immer noch lernen.“ „Und mit Russisch will ich nichts zu tun haben, erstmal, da sind so dunkle Erinnerungen . . .“

Einmal gehen wir zusammen in den Wald, wie so oft in diesen Minaten, und wir sitzen am Waldrand über dem Tal und haben ein langes Gespräch. Daniel sagt, „weißt du, mir fehlt das Weiche in meinem Leben. Das Fühlende. Ich bin so hart, jedenfalls seit der grausamen Flucht aus Königsberg damals. So viel Leiden gesehen, so viel Härte bei allen, bei den Feinden und auch bei unseren Leuten, alles aus Notwehr, weißt du, und viel Angst.“

„So viele Trümmer und Tote und Verwundete, Staub und Dreck, war alles in mein Leben hinein gebrochen, so schnell. Und da hast du keine Zeit zum Weinen, nicht einmal um dich bei einem anderen Menschen einzukuscheln und nach Wärme zu suchen.“

„Ihr seid lieb und sehr mitfühlend, aber es prallt an mir ab, kommt nicht wirklich in meine Tiefe. Mir ist so, als wenn eure Liebe nicht für mich bestimmt ist.“ Und wieder beginnt er zu weinen. „Ich bin so allein, noch immer, könnte weiterwandern. Ein paar Tage bin ich mit einem alten Mann gereist, dann musste ich wieder allein sein. Vielleicht werden wir uns mal wiedersehen, der Mann und ich. So schwer es war, allein zu sein, ich musste wieder allein sein. Habe mir helfen lassen, das geht ja nicht anders, wenn man Kind ist, aber zum Schlafen legte ich mich immer allein hin.“

„Der Mann sagte, uns Jungs und Männern wird so viel innere Härte eingeimpft, ein-erzogen, Unempfindlichkeit, eben Härte, seelische Hornhäute sozusagen, so daß wir die Verwundungen nicht spüren können, die uns allenthalben geschehen. Doch in Wirklichkeit spüren wir sie doch. Denn die Trauer ist geblieben, immer stärker geworden.

Wir sind nie wirklich Soldaten geworden, wie „der Führer“, Hitler, uns haben wollte. Ich hörte von einem Soldaten, der übermüdet im Schützengraben stand und zu schießen versuchte, dabei einschlief. Es war Frost und alles hart gefroren. Wie er aufwachte, lag er auf der gefrorenen Leiche eines anderen Soldaten, hatte ein paar Stunden so geschlafen. Normalerweise hätte man das gemerkt, aber bei diesen Hornhäuten, sozusagen . . . “

Nach langer Zeit sagte Daniel „ich suche nach etwas, das mir meine Weichheit wirklich wiedergibt. Meine natürliche Weichheit . . . Wenn ich dich sehe, Stefan fühle ich sehr viel Weichheit in dir, das strahlst du aus, das bist du – ich aber nicht. Obwohl ich genau so ein Kind bin wie du. Vielleicht sollte ich nicht immer so dunkle Kleidung tragen. Vielleicht sollte ich zu singen versuchen, im Schulchor oder im Kirchenchor oder so.“

Ich merke auf, wie er sagt, „obwohl ich genau so ein Kind bin wie du,“ da bewegt sich etwas in mir, ja Kind-Sein, das ist es. Ich will Daniel helfen, wieder Kind zu sein. Ich sage zu ihm, „zieh doch mal Kinderkleidung an, so wie ich, wir werden schon sehen, so etwas für dich zu besorgen.“

„Wir sind doch Kinder, oder?“

Daniel erinnert sich an früher, “ja, diese langen Strümpfe habe ich als Kleiner auch getragen, alle trugen sie. Ich sollte es mal wieder tun, mal sehen, ob mir das gut tut.“

Wie wir wieder zuhause sind, gebe ich ihm von allem, was ich so trage. Besonders die kurzen Hosen und die langen Strümpfe sind etwas Besonderes für Daniel, „ja, das erinnert mich an meine Kinderjahre. Das ist schön! Das ist richtig warm, das ist für uns Kinder. Ich nehme die beigen, wenn ich darf, die passen da besser.“

Mutti besorgt für Daniel „Kinderkleidung“, wie er sagt, nicht mehr für einen 13–jährigen Jungen gedacht, aber der Versuch . . . Und es gelingt. Manchmal singt Daniel wieder. In der Schule tritt er dem Chor bei und singt seine helle Stimme, er wird wieder zum Kind. Die Musiklehrerin sagt, „da hast du, Daniel, etwas Gutes für dich gemacht, bist noch mal Kind geworden, das wird deine Seele ein wenig heilen, oder was spürst du?“

Da sagt Daniel, „mit den langen Kinderstrümpfen bin ich weicher geworden, oder was denken Sie? Das ist nicht so hart wie in den schwarzen, langen Schihosen.“ – Das macht mich sehr froh, ich streiche meine Beine entlang und freue mich noch mehr über meine Strümpfe und meine Knie.






Stefan und Daniel


Mutti fragt ihn mal, „magst du von früher erzählen, Daniel, von Königsberg, von deiner Reise hierher?“ – „Reise? Nein, war keine Reise, war eine Qual.“ Seine Augen werden wieder naß, „nein, nicht erzählen.“ Mutti lädt ihn ein, auf ihrem Schoß zu sitzen und streichelt ihm die Knie und den Rücken. Und die Haare und Wangen. „Seit ich diese Strümpfe trage, fühlen sich meine Knie sehr gepflegt an, sehr fein,“ sagt Daniel, „sie fühlen sich zuhause hier.“

Er denkt lange nach, dann „nein ich kann da nicht erzählen. Es war alles zu dunkel, habe oft die Augen geschlossen. Erst jetzt öffne ich sie wieder ein wenig.“

„Zeitweise lebte ich in einem Kinderheim, doch dann fuhren wir in den Westen, glaube ich. Mit schrecklichen, stinkenden Zügen, auf Strohschütten liegend. – Sind wir hier im Westen?“ „ja, das hier ist der Westen,“ sagt Mutti. Er atmet auf, „ist das wirklich wahr? Dann bin ich ja angekommnen, ein Glück.“ Und nun weint Daniel leicht, vor Erlösung, denke ich, vor Entspannung.

„Habe neulich bei euch eine alte Zeitschrift gefunden, ein Bild war da drauf und die Worte Königsberg gefallen. Ich habe das Bild gezeichnet, und mich dazu, hier. Ich habe es genannt Daniel´s Trauer. – Nun werde ich nie wieder zeichnen, glaube ich.“





„ . . . so war das, fehlt nur noch der Rauch und Staub und das Schmerz-Schreien der Verwundeten. Das Rufen der Mütter nach ihren Kindern.“

 


Daniel´s Trauer

In einer dieser Nächte geschieht plötzlich etwas, was mir bis heute, nach so vielen Jahrzehnten noch immer nicht klar geworden ist. Ich war wach geworden und hatte mich in meinem Bett aufgesetzt, und ich lehne mich an die Wand, mit gekreuzten Beinen sitzend. Es ist draußen hell, Vollmond. Ich bekomme ein Gefühl, daß mein Körper in wenigen Minuten sehr viel reifer geworden war. Noch immer weiß ich nicht, was das bedeutet, reifer geworden?

Ein paar Meter vor meinem Bett líegt unser Hund, ein großes und von jedem geliebtes Tier in dunklem Fell. Er richtet seinen  Kopf hoch, schnüffelt kurz umher, steht auf und kommt zu mir, legt sich ganz dicht vor meinem Bett wieder hin.

Reifer geworden? Nicht größer oder stärker oder erwachsener, nein, eine andere Reife, kann es noch immer nicht erklären. Ich sitze und wundere mich. Ich stehe auf, ziehe ein Nachthemd über, hole das Buch von Hermann Hesse aus dem Bücherschrank, setze mich an den Esstisch und beginne es im Mondlicht zu lesen, „Knulp“ war der Titel, in blaues Leinen gebunden, weiß ich noch immer. Die Geschichte von einem ziellos umher wandernden Mann. Diese Geschichte passte zu dem, was Daniel mir von sich erzählt hat: ziellos umherwandernd, mit Sehnen nach einer Heimat, die so schwer für ihn wiederzufinden ist, die es nicht gibt. Das Buch hatte mir mal meine Mutter geschenkt, „ist vielleicht noch etwas zu früh für dich, aber wir werden sehen,“ sagte sie, „ich habe es auf dem Markt angeboten gefunden. Man nimmt, was sich ergibt.“

 

Knulp


Nun passt es vielleicht zu Daniel und er wird es mal lesen, ich werde sehen, was mit ihm geschehen wird.

Monate später erzählt Daniel doch etwas aus Königsberg, von seiner langen Reise in den Westen. „als dann der Krieg zu uns kam, als das Schießen anfing, als die Häuser in Trümmer fielen, als immer mehr Männer umherliefen, häßliche Männer! – da fühlte ich, DAS also ist Männlichkeit! Ich war ja ein Junge, und das Mann-Sein war mein Ziel, sollte es sein. Ich sollte irgendwann erwachsen werden, sollte Mann werden, stark, tapfer, vielleicht auch ein Zerstörer, ein Töter, ein Soldat im Schützengraben. So waren die Zeiten damals. Ist das nun vorbei?“

„Dann kamen die Trümmer, immer mehr Trümmer mussten beseitigt werden, immer jünger waren die Knaben, die das tun mussten, ich auch – war es das? Ist DAS das Mann-Sein? Ist das die Männlichkeit, von der der Führer sprach? Ich dachte, Mann und Trümmer und Schmerzen und Leiden sind alles Eins. Das verstand ich nicht und wollte es auch nicht so haben. So ein Mann-Leben fand ich schon damals schlecht, dreckig, stinkend. DAS will ich nie werden!“

Ein Jahr danach gelingt es uns, das genauer zu sagen. Daniel ist nun ein Bruder von mir, wir kennen uns sehr gut und lieben uns. Das Leben ist leichter geworden, und wir beide tragen noch weiterhin lange Strümpfe, nicht wegen der Gewöhnung sondern weil wir das als unsere ganz eigene Art empfinden, eine zarte Art. Weil es uns sehr gut tut, und wir unseren Mut lieben, anders zu sein. Wir spüren: wir werden zu einer besonderen Art von Knaben, es wird unser eigener Weg, andere sind nicht so. Das sind nicht unsere Ideen, sondern wir werden so, ganz von selbst. Manches merken wir garnicht, sondern wird uns erst viel später bewußt. Ab und zu gibt uns eine Lehrerin ein paar Tips. Es mag manche andere außergewöhnliche Knaben-Gruppen geben, doch davon wissen wir nicht.

Wie uns diese Lehrerin, ich nenne sie Frau Meyer, sagt, hat jede Gesellschaft Pläne mit ihren Kindern, Pläne, was aus einem jungen Menschen werden soll. Die eine Gesellschaft will Soldaten haben, die andere Ingenieure, die andere gute Arbeiter oder Dichter und Lehrer . . .  „Doch wir sollten zusehen, daß jeder von uns das wird, was ihm besonders liegt, wozu er geboren wird – natürlich Mädchen ebenso. Das ist meistens schwer, jeder Mensch hat die eigenen, großen Probleme damit, von Geburt an, sich durchzusetzen, denn die anderen Menschen haben immer was anderes mit einem vor . . .“

Daniel geht es lange nicht immer so gut. Er leidet viel unter den Erinnerungen an den Krieg in Königsberg und den Monaten danach. Dann muß er sich dicht in seine Kleidung einwickeln, dann sind ihm die langen Strümpfe und die kurzen Hosen zu durchlässig, zu gefährlich. Dann muß er Dunkles und Dickes tragen, und dann zieht er dunkle lange Hosen über seine Beine, am besten zwei Paar übereinander, und sich in Ecken versteckcn – „ich muß mich beschützen! Heute fühlt sich alles so an, als ob Waffen in mich reinschössen.“ Sein Gesicht ist düster, er fühlt sich dem Weinen nahe. Und Mutti nimmt ihn ab und zu in die Arme und streichelt ihn und sagt, „Weinen ist gut, Daniel, weine, wenn dir danach ist. Wir lieben dich und möchten, daß du hier bei uns bleibst, wir brauchen dich. Wir drei gehören alle zusammen.“ Noch immer nimmt sie ihn dann auf den Schoß und wickelt seinen Kopf in ihre Arme. Und er weint dann los – „nur so kannst du das loswerden,“ sagt sie. "Und kannst dich finden."

Am nächsten Tag dann wird es wieder besser, „nun kann ich die lange Hosen wieder ausziehen und meine langen Strümpfe genießen,“ und er lacht etwas.









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Drittens - Sumowski´s Buch



Das Buch über ein Kinder-Schicksal in Königsberg/nachmalig Kaliningrad 1945
(the book on a life of a child in Königsberg/later Kaliningrad 1945)

Ich liebe das Buch von Hans-Burkhard Sumowski, »Jetzt war ich ganz allein auf der Welt« (Erinnerungen an eine Kindheit in Königsberg 1944-1947, btb Verlag, München, 2009, ISBN 978-3-442-73955-4) . Er beschreibt ein solches Leben, wie Daniel es in meiner Fantasie hatte. Burkhard lebt 3 1/2 Jahre als Kind in Königsberg, das 1946 Kaliningrad genannt wird. Königsberg war durch die Jahrhunderte eine rein deutsche Stadt, sie war die Hauptstadt von Ostpreussen, doch nach dem wahnsinnigen Krieg 1939-1945 war das vollständig vorüber. 1939 lebten 372.000 Menschen in der Stadt.

Nun ist Kaliningrad eine russische Stadt. - Seht auch, wer Kalinin war.




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Viertens - Lars´ tiefe Liebe



Lars´ Liebe – meine Liebe
(Eine erfundene Liebesgeschichte um 1950)
(Lars´ love - my love)

An der Gartenpforte klingelt es, und mein Freund Lars kommt. Wir sind oft zusammen, lesen zusammen, basteln, gehen im nahen Wald spazieren, im Winter rodeln wir. Heute bin ich erstaunt, Lars hat zu seinem schwarz-grauen Sonntags-Anzug lange Strümpfe zu den kurzen Hosen an, ihr wißt, solche, die das ganze Bein bedecken, hell-graue Strümpfe. Wir waren 15 geworden, und ich hatte lange Strümpfe das letzte Mal getragen als ich 13 war, oder noch früher. Das war damals so üblich – bis zu jenem Alter. Warum nicht weiterhin, habe ich nie erfragt. Die Mädchen tragen ja immer welche, ich meine in jedem Alter, und danach sind es eben Frauenstrümpfe.

Lars also kommt durch den weiten Vorgarten, auf mich zu, und sein Anblick erregt mich wieder etwas, wie oft, wenn wir uns begegnen. Denn wir mögen uns sehr gerne, wir lieben uns und berühren einander oft. Heute blicke ich auf seine bestrumpften Beine und muß ihn ganz gerührt ansehen. Ich bin verlegen, denn in unserem Alter tragen wir keine langen Strümpfe mehr, aber sie stehen ihm. Zart muß ich zum Gruß sein Gesicht streichen, ich nehme es zwischen meine Hände und reibe meine Wangen an seinen.

Lange bleiben wir so stehen, bis ich endlich leicht mit meinen Lippen seine Lippen berühre. Das macht uns verlegen, und Lars flüstert, „ja, aber das ist schön so.“ Wir fassen uns an den Händen und gehen hinter unserem Haus in den Garten zu einem umgefallenen Baumstamm, auf den wir uns setzen. „Ich liebe es, wenn du diese Strümpfe trägst,“ sage ich leise. „Wie kommst du darauf, wo hast du sie her?“



 Lars streicht über seine Knie. „Mir ist so, als ob du sie gerne an mir siehst. – Hast du auch mal gesagt, vor ein paar Jahren.“ Er sieht mich an und zwinkert ein wenig. „Und ich habe sie schon immer gerne angezogen, doch damals  . . .   es wurde einfach unüblich, Jungens trugen sie nicht mehr, oder?“, und er streicht sich wieder über seine Knie.

Hebt seine Hand etwas, und streichelt sich dann weiter. „Eigentlich möchte ich, daß DU deine Hand auf meine Knie legst.“ Ich zögere, „– darf ich das?“ und lege eine Hand vorsichtig dahin, wo seine liegt, die Lars dann wegnimmt.

„Und ich habe meine Schwester gebeten, und sie gab sie mir gerne, sagt, sie stehen dir noch immer.“ „Und wie hast du sie fest gemacht, noch immer an einem Leibchen wie damals?“ Er zieht ein Hosenbein hoch und zeigt mir die glänzende Drahtschlaufe, die an einem rosa Knopflochband hängt, so wie die Mädchen es haben. „Und dann hat Lene mir einen ihrer Strumpfgürtel gegeben.“

„Und wie fühlt sich das an?“ „Viel besser als diese doofen Leibchen. Ich habe das Gefühl von Freiheit. Du hast diesen festen und weichen Gürtel um die Hüften geknüpft, und da hängen die Strumpfhalter dran, und wenn ich die Strümpfe angeknöpft habe, ist da eine angenehme Spannung, so wie eben jetzt.“

Heimlich denke ich, das möchte ich auch mal haben, und ich bin doch gehemmt. Wir ziehen die Beine an, und ein Blitz von Lars´s nackten Schenkeln sieht aus den kurzen Hosen heraus, richtig so wie früher. Das erregt mich alles, und ich stehe auf und gehe umher. „Du bist richtig süß,“ sage ich leise. „Du hast so eine süße, helle Stimme, ich möchte deine süße Stimme küssen, fällt mir gerade ein.“

„Und du hast nun eine tiefe Bären-Stimme,“ lacht er, „ganz anders als früher. Ich weiß, meine ist noch sehr hoch und kindhaft, ich weiß, magst du das?“ „Ja, ich liebe dich, du bist richtig liebenswert – oder wie soll ich sagen. Komm, wir gehen zwischen den Obst-Büschen umher, da sieht uns keiner.“ Ich nehme ihn an der Hand, und nach ein paar Schritten wende ich mich verlegen zu ihm und drehe seine Vorderseite an meine. Ich muß ihn ganz dicht an mir haben!

Die Büsche tropfen noch vom Regen vorhin, und ich mag es, wenn die Tropfen mich berühren, besonders wo die Haut nackt ist, an den Händen, im Gesicht.

Ich sehe Lars an. Er ist wirklich noch schmal knabenhaft geblieben. Und seine Kleidung steht ihm, und ich liebe ihn in diesem Auftritt. Er sagt, „weißt du, daß du eine etwas geschwollene Kehle hast? Das hat wohl was mit deiner tiefen Stimme zu tun, da muß die Kehle wachsen, damit das Männliche alles rein passt – wie bei allen Männern. Ist meine noch schmal?“ Ich streiche vorsichtig über seine Kehle, die schmal wie die eines Mädchens ist, finden ich. Weiter sage ich, . . .

„ . . .  und leider ist mein Körper so stark geworden, überall richtig ein wenig `männlich´, sozusagen. Das mag ich nicht so gerne, deine schlanke Figur ist mir lieber, würde ich auch gerne behalten, `Knabenfigur´ wie die Leute sagen,  . . .  doch, was will man machen.“ Und ich seufze, und mein Gesicht wird ein wenig hart.






Nun ziehe ich seinen Körper ganz dicht an meinen, die Vorderseiten zu einander. Umarme ihn und fühle seine Wärme an meinem Leib. Still stehen wir und atmen leise, und sehen einander in die Augen. Unsere Augen werden naß. Es ist so schön, so tief gehend. Langsam berühre ich mit meinen Lippen seine, und dann küssen wir uns. Es ist so wunderbar, sich zu küssen. Seine Lippen sind so weich. Und sie duften. Ganz vorsichtig küssen wir uns, berühren die Lippen einander. Schlingen einander die Arme um die Köpfe.



Lieben uns so sehr und ganz. Lange bleiben wir so stehen. Wir gehen zurück zu dem Baumstamm, „sonst reden wir oft so viel, heute garnicht,“ sage ich voll Freude. Und er, „darf ich dir mal meinen Strumpfgürtel zeigen?“ Lars zieht seine kurze Hose runter und die Unterhose ein wenig und da spannen die vier Strumpfhalter an seinem nackten Leib, straff von dem schneeweißen  Mädchen-Gürtel herab. „Ich mag das Mädchenhafte,“ sagt er. „Seit langem will ich mich dir in meiner Mädchenhaftigkeit zeigen, besonders weil ich spüre, daß du mich so besonders liebst. Und ich dich besonders liebe.“





Das alles sind Symbole unserer Liebe, und wir verstehen das bald.

Und Lars sagt später, „Ich wüsste nicht zu sagen, was Liebe mit den Mädchen zu tun hat, wie die anderen das immer betonen. Doch vielleicht, vielleicht verstehen sie das garnicht so wie wir beide das erfahren, aneinander, oder?“

„Wir sind so verliebt, daß es immer so bleiben sollte.“ – „Wir wollen immer zusammen bleiben, oder?“ „Komm doch zu uns gezogen, das werden wir wohl bestimmt hinkriegen.“ Und wir küssen uns so fest, daß es wie eine Versiegelung ist, ein langes Versprechen.

Unsere Eltern stimmen irgendwann zu unserer Knabenehe zu, sie meinen gewiss, daß das nicht lange dauern kann. Sie wissen nichts von der Ewigkeit. Doch zwischen all unseren immer heißer werdenden Küssen geschieht ein Wandel, auch ein geheimer Wandel. Lars zieht tatsächlich zu mir, und obwohl wir noch ein zweites Bett in mein Zimmer stellen, schläft er fast immer mit mir in meinem Bett. Dicht liegen unsere Körper aneinander geschmiegt, oft schlafen wir nicht ganz tief, meinen wir jedenfalls. Besonders unsere Gesichter streicheln wir, manchmal lange Zeiten in der Nacht. Niemand erfährt davon, du bist der erste Mensch, dem ich das erzähle, nach so langen Jahren.

Der Wandel  . . .  wie es so geschah fanden wir uns in einer ewigen, unendlichen Liebe wieder. Es änderte sich nichts mehr. Wir blieben wie wir bis dahin waren. Es war uns als ob wir die Zeitabläufe verlassen hätten, doch wir konnten es nicht mal für einander ausdrücken. Die Zeit war uns verloren gegangen. Wir fanden uns nur noch im Jetzt.  . . .  als ich alt war, später, kam mir ein Verstehen, als ich einen Vortrag von Osho hörte, der mich sofort sehr tief berührte. Ich erkannte sofort, wie es mit meiner Zeit stand. Nun erkannte ich endlich, wie es mit Lars und mir steht.

Es sind jetzt gerade Ferien; und es gibt keine Schulpflichten. Wir liegen zusammen, sitzen zusammen, gehen zusammen, und beim Essen geben wir uns einander die guten Bissen. Wir sind fast immer Arme in Arme verschlungen. Unseren Eltern ist das nicht so merkwürdig, denn wie sie erzählen, hatten sie alle in ihrer Jugend ähnliche Erlebnisse. Deswegen lassen sie uns. Doch das war einmal, heute sind sie anders, aber sie erinnern sich.

Ich denke, sie haben ihre regulären Zeitabläufe wieder gefunden, sind aus der Unendlichkeit zurück gekommen. Aber Lars und ich? Wir sinken immer tiefer, versinken in unsere Liebe, es gibt nichts anderes mehr als uns beide. Die Unendlichkeit ist unsere Heimat, unser beider Heimat. So wie unsere Körper und unsere Seelen miteinander verschmelzen, so unsere Leben. Ich kleide mich wieder so wie Lars es tut, suche mir meine bunten Knaben-Hemden und kurzen Hosen raus und suche mir wieder lange Strümpfe – wie wir sie vor Jahren anhatten und er sie nun wieder trägt, und ich nun auch. Diese Kleidung ist eine große Feinheit in unseren Seelen geworden, diese frühere Kleidung ist uns etwas sehr Feinsinniges. Sie ist geheimes Symbol unserer Liebe. Und lässt uns tiefer gehen. Und ich versuche, meine Stimme wieder zu erhöhen, meine Stimme wieder so hell wie sie noch vor Monaten war zu machen – damit sie Lars´s Stimme gleicht. Wir werden Eins, scheint uns.

Zusammen durchstreifen wir den Bergwald hinter der Stadt. Beobachten die Tiere – doch auf eines achten wir immer: wir trennen uns nie, nicht einmal für ein paar Minuten. Wenn es doch geschieht, bekommen wir sofort Angst, einander zu verlieren. Und rufen leise einander. Manchmal schlafen wir im Wald, eingewickelt in altes Herbst-Laub, versteckt in Gebüschen. Eng umschlungen wie im Bett. Einmal kommt ein großer Hund, beschnüffelt uns und legt sich gemütlich zu uns. Oder ist es vielleicht ein Wolf? Ich wollte, es wäre ein echter Wolf.

Und dieser Wandel ist ein Übergang in das, was wir Unendlichkeit nennen. Wir spüren die Unendlichkeit, wenn wir zusammen liegen, wenn unsere Lippen sich berühren, wenn unsere Hände einander streicheln. Wenn wir uns ansehen und betrachten. Mit unseren Körpern ineinander verschlungen, haben wir tatsächlich die Zeit verloren – und das ist eine unendliche Sache geworden. Etwas wie die „Unendliche Geschichte“ wie der Titel eines Buches von Michael Ende heißt. Die Endlichkeit ist aus unseren inneren Erlebnissen verschwunden. Doch wir sind nie wieder zurück gekehrt, anders als der Junge Bastian in Ende´s Unendlicher Geschichte. In einem Kommentar dazu heißt es: „ . . .  gelingt es Bastian schließlich, zu sich selbst zu finden und zu seinem Vater in seine eigene Welt zurückzukehren.“ So verlief unser gemeinsames Sein nicht . . . . .

Viele Jahre später höre ich in Indien einen Vortrag, eher so was wie eine Sprache, vom Master Osho, in der mir plötzlich klar wird, um was es geht.

In seinem Diskurs, „The vertical line opens a door into eternity“ (in Hari Om Tat Sat, Chapter #27, by Osho, am 24. Februar 1988) fragt jemand, „Beloved Master, you once said, »The Moment is Rare when Eternity penetrates Time«, es geschieht selten, daß die Unendlichkeit in die Zeit eindringt. Can you speek more on this?"

Und da sagte der Master etwa:   »..., die Frage scheint einfach zu sein, aber die Antwort ist sehr komplex. Das Komplexe wird vielfältig, weil die Frage nur aus deiner eigenen Erfahrung kommt, nicht von anderswo. So wie die Frage aus dir selbst kommt, muß die Antwort ebenfalls ein Teil deines Innern sein. Doch ich will mehr ins Einzelne gehen, um zu erläutern, was ich meine, wenn ich sage, es geschieht selten, daß die Unendlichkeit in die Zeit eindringt.

Zeit ist das, worin wir leben – sie ist horizontal. Sie ist von  A  nach  B  nach  C  nach  D , sie ist in einer waagerechten Linie. Unendlichkeit (oder Ewigkeit) ist vertikal. Sie ist nicht von  A  nach  B  und von  B  nach  C .  Sie ist von A  nach mehr A  und immer noch mehr A . Sie geht immer weiter aufwärts. Das geschieht selten, denn es geschieht nur, wenn Meditation ein Reifen erreicht hat, eine vollständige Reife. Wenn du deinen innersten Kern berührt hast.

Dann plötzlich wirst du gewahr, daß du selbst eine Wegkreuzung bist. Ein Weg geht waagrecht, in anderen Worten, er ist mittelmäßig, gewöhnlich, bedeutungslos, und er führt schließlich zum Tod. Die waagerechte Linie bewegt sich fortwährend zum Friedhof.  . . . «






Wie ich das gehört hatte, erschien vor meinen geschlossenen Augen in einer langen Mauer eine Art Gartentor, das geöffnet war, und dahinter ging es tief in die Unendlichkeit, und ich war mir nicht sicher, ob ich mich da hinein fallen lassen sollte. Ich tat es nicht, ich zögerte und zog mich zurück. Osho sagt noch:
»Wenn du in der Mitte deines Seins angelangt bist, in dem stillen Raum deines innersten Mittelpunktes, kannst du die beiden Wege sehen, einer waagerecht (der zum Tod führt), einer senkrecht in die Unendlichkeit.«

Wie es sich dann rückwärts gesehen ergab, entwickelten sich unsere Körper nicht mehr weiter – ein Wunschtraum, gewiß, und unsere Leben lang bleiben wir zusammen, eine Art Knaben-Ehe wie es die Märchen beschreiben. Oder ist dieses einfach ein Märchen? Hatten wir gemeinsam die Reife erreicht, von der Osho spricht? Vielleicht kommt dann die Auflösung – in die Ewigkeit









N a c h w o r t :


Zurück aus der Unendlichkeit der Liebe, – nun doch noch mal zurück in die regulären Zeitläufe – schreibe ich Dir, wer Lars war. Auf eine sehr geheimnisvolle Weise bin ich seit früher Kindheit verliebt. Meine erste Liebe war ein niederländischer Junge im Kinderheim in Hinterzarten als ich sechs war. Doch bald begann der Krieg (1939) und wir sahen uns nie wieder. Geheim lebte die Liebe in meiner Seele, doch weder suchte ich noch traf ich jemanden für meine Liebe  –  bis ich neun Jahre später Dagmar traf. Meine Liebe zu ihr blieb geheim, und sie verschwand auch bald wieder. Ach ja, auch in die viel ältere Dora Heise war ich verliebt, leise und ohne es zu sagen.


Mit 15 lernte ich Egmont kennen, wir lebten drei ein halb Jahre zusammen in diesem sehr schönen Internat, wohnten immer im selben Zimmer. Ich möchte sagen, ich war in ihn verliebt – und irgendwie bin ich es immer noch. Und gelegentlich schreiben wir uns. Doch ich wußte meine Gefühle damals nicht zu deuten – es gibt in unserer Kultur ja keine Hinweise für Knaben, die in einen anderen Knaben verliebt sind. Egmont war ein halbes Jahr älter und ein sehr hübscher Knabe, der nicht nur mich begeisterte.

Also, ich wußte meine Gefühle nicht zu deuten, und so kam es nicht zu der Nähe, wie ich sie in meiner Liebe mit Lars erlebte. Lars hat es nie gegeben, doch er vertritt meine unerkannten Sehnsüchte damals, als wir 15 bis 19 waren.

Ja, wir bekommen als Kinder und Jugendliche nie Hinweise, was es mit der Liebe zwischen Knaben Schönes auf sich hat. Wir hören nie, wie gut es einem ergehen kann in einer solchen Beziehung, wissen nicht damit umzugehen, wenn es uns packt. Eine Liebe zwischen Knaben beziehungsweise zwischen Mädchen ist gerade im jugendlichen Alter viel einfacher, und deswegen konnten wir uns viel tiefer in das volle Erleben hineinfallen lassen.

Vielleicht könnte die Liebe zwischen Frau und Mann ein paar Jahre später viel reifer sein, wenn wir als Kinder oder Jugendliche bereits die Liebesfähigkeiten unserer Seelen kennen gelernt hätten – in nicht-verwirrender Weise. Vielleicht hat die Schöpfung den Knaben für diese Liebesbeziehungen diese `liebenswürdige´ Erscheinungsform mitgegeben. Die ja ein paar Jahre später ganz anders aussieht, nicht mehr verlockend für Männer. Sondern in neuer Form  verlockend für die Frauen.

So hat diese Zeit des Knabe-Seins eine große Bedeutung für den heranwachsenden Jüngling – nicht so sehr zur Prägung der Mann-Rolle in der Gesellschaft sondern mehr zur wahren Reifung der eigenen Seele.

Zwei weitere Knaben-Fantasien seht ihr hier: http://tantricum.blogspot.de/ , 2009/August und 2011/Dezember.






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Fünftens - die Mädchen-Strümpfe?




Nun lieben wir unsere langen Strümpfe – das Mädchengefühl
(long stockings - feeling as a girl?)

Junge will lieber Mädchen sein

Zuhause steht ein Plattenspieler. Eingebaut in einen Schrank, das hat mein Vater noch gemacht bevor er als Soldat in den Krieg ziehen musste. Man kann den Plattenspieler rausziehen, eine Platte auflegen, die Nadel aufsetzen und die Musik abspielen. Das tat Mutti heute am sonnigen Sonntag Morgen wie so oft, „in ehrendem Andenken an deinen Vater, hoffentlich kommt er bald zurück,“ sagte sie mit ein paar Tränen. Sie legt das Zweite Brandenburgische Konzert von Bach auf, und wir hören andächtig zu, ich mag diese Musik sehr gerne und könnte sie fast immer anhören. Sie ist so besonders festlich.


Daniel und ich trinken sorgfältig und leise unseren Kakao, den es nur am Sonntag gibt, eine Kostbarkeit, so kostbar wie diese Musik. Voller Aufmerksamkeit lehne ich mich weit vor und krieche fast in den Lautsprecher vom Radio. Die Hände bewege ich sanft zum Takt. Vergesse den Kakao andächtig. Daniel kann sich nach den Kriegserlebnissen noch nicht ganz hinein fallen lassen, sagt er. „Wir hatten auch ein  Grammophon, nun ist alles hin. Und so schöne Platten. Vielleicht haben wenigstens ein paar Russen ihre Freude daran, sie sollen ja so musikalisch sein. Trotz der elenden Schießerei damals.“

Versonnen streicht er über seine Beine in den warmen Strümpfen. Mutti fragt uns, was wir so Besonderes an den langen Strümpfen finden. „ICH finde sie ja schon etwas Großes, aber ihr?“

Dazu sage ich, „als die Schule wieder anfing, hatte da jemand einen Plattenspieler mit dieser Musik aufgestellt, das war das große Fest für uns. Da sah ich manchen Jungen so angezogen wie wir jetzt, und das war DIE Stimmung für mich, endlich wieder Frieden, endlich wieder Normales, Warmes, Sicheres, Schutz – endlich wieder echt Feierliches. So finde ich das heute, ein halbes Jahr später. Ein Zeichen  . . . “

Daniel: „sie sind eben Zeichen für den Frieden, für mich jedenfalls. Wieder Ruhe und, wie Stefan sagt, Sicherheit, Wärme  . . . allerdings auch Sehnsucht nach der Schönheit der Kindheit.“

„Ja, diese Strümpfe? Ich habe oft darüber nachgedacht,“ sage ich. „Langsam werden sie mir wirklich etwas Besonderes, ein Luxus.“ Und dann dämmert mit etwas mehr: „Ich fühle doch meinen Körper an zwei Punkten am meisten, ganz oben im Gesicht und unten, wo wir meistens eine Hose darüber ziehen. Oben und unten, sozusagen, das feine Gefühl.“ – Das Konzert ist vorüber, und ich denke weiter nach. „Das Gesicht halten wir immer frei und spüren so viel und zeigen uns. Doch unten verbergen wir alles, was von draußen kommt. Und man darf uns da nicht sehen, heißt es.“

„Wir schützen uns vor  der Welt, das hat Daniel in seinem Bild ja richtig dargestellt, er schützte sich vor dem Dreck und den Gefahren des Krieges in seinen wulstigen Hosen. Doch nun ist das ja alles vorbei, oder? Da brauchen wir nicht mehr so viel Schutz. Können uns mehr leisten, Offenheit meine ich.“

Daniel sagt noch mal, „in den kurzen Hosen und den langen Kinderstrümpfen bin ich wieder weicher geworden, nochmal Kind, wie es sein sollte.“

„Sag uns noch mehr, Stefan,“ lockte Mutti mich. – „Ja, in die kurzen Hosen kommt ab und zu mal Wind, und den spüre ich ganz zart am Körper. Das passiert ja nicht in langen Hosen, aber so, ja. Die langen Strümpfe schützen die Beine  . . .  doch darüber spüre ich Freiheit. Fast dieselbe Freiheit wie im Gesicht.“

„Manchmal stelle ich mich in den Wind, auf der Flußbrücke, lasse ihn in die Hosenbeine ziehen, und dann  . . .  an den Strümpfen vorbei, eben vorbei, so daß die Knie im Warmen bleiben – so mag ich das.“

„Das ist es mit den langen Strümpfen, und ich werde es schade finden, wenn das mal nicht mehr sein wird, weil ein Mann  . . .  Ich sollte eine neue Mode erfinden. Ohne diese langen Hosen, die alles so abdichten.“

Mutti meint, „das passt aber nicht für jeden Mann, stell dir vor, diese kräftigen Männerbeine . . .“ – „Doch“ sage ich, „ihr Frauen tragt sie fast immer, dennoch, denn viele haben auch diese kräftigen Beine.“

„Und am liebsten habe ich sie so, daß sie sehr lang sind und die Hosen kurz, ich will das mal zeichnen.  . . .

 So etwa möchte ich manchmal aussehen. 

Hier seht ihr es, wenn ich mich richtig hinsetze, weht der Wind an die nackten Schenkel.“

„Die Mädchen haben ja immer diese langen Strümpfe an,“ sagt Daniel.. „Und es macht Spaß hinzusehen, wenn das Kleid nicht alles bedeckt. Ob denen das wohl so viel Spaß macht wie dir, Stefan?“ – „Nein, kein besonderer Spaß,“ sagt Mutti, „wir sind das ja von Klein auf gewohnt, ist nicht so was Besonderes wie für euch. Nur für mich, ich liebe sie. Da sagt auch niemand, du siehst ja aus wie ein Junge. Es gibt da nichts zu schämen – wie bei euch Jungen, wenn jemand sowas sagt.“

Ich liebe es, daß meine Beine schlank sind, die Strümpfe betonen das noch. Hier zeige ich euch mal ein Foto von einem Offizier, der hat vielleicht so dicke Männerschenkel, und vielleicht weil sie sich damals schämten, hatten sie diese Reithosen an, fast alle Offiziere der früheren "Wehrmacht".


Und wie ich in einem Buch über militärische Uniformen mal sah, ist das in vielen Ländern so. Soll vielleicht besonders stark und mächtig aussehen. Doch als Kind bin ich nicht stark, ich hätte Angst vor einem solchen Mann. Und wie mir mal eine alte Frau sagte, du bist so wie du bist, und musst nicht was anderes werden. Das kommt ganz von selbst. Jedenfalls jetzt als Kind bist du nicht stark – und mußt es auch nicht sein.

Und ich will auch nicht stark sein. Das zeigen mir meine Beine, und die Strümpfe beschützen meine Schwäche und zeigen das allen, und verführen mich, meine Beine zu streicheln und zu lieben. Ich will sie lieben, nicht stark machen.

 (1951) – mir wären die Strümpfe zu kurz
gewesen, doch so sahen wir oft aus.  

Hier gibt es ein altes Foto, wie es oft zu sehen war. Das ist nicht sehr elegant. Doch die Knie haben es warm, und darum ging es der Mutter von dem Jungen wohl. Dennoch, ihren Töchtern würden die Mütter das nicht zumuten.


Längere Strümpfe hätten mir besser gefallen, wie bei diesem Buben:

  Bei diesem Schweizer Buben (1949)
sind die Hosenbeine länger,
ihr seht wie es dennoch so oft ist:
  im Sitzen sieht oben die nackte
Haut raus, wenigstens etwas.
Doch das gehört dazu.

Den Mädchen geben sie längere Strümpfe, vielleicht wie auf diesem Bild:


„Und dann noch was,“ sage ich, „irgendwie sagen sie alle, lange Strümpfe sind Mädchen-Sachen. Ja das mag stimmen, obwohl jeder Junge mal welche angehabt hat, wenn wir jünger waren. Ich jedenfalls habe das Mädchengefühl. Und ich mag das gerne, und das wird wohl der Grund sein, daß ich diese Strümpfe liebe – ich liebe das Mädchengefühl.“



Lange Strümpfe vermitteln das Mädchengefühl, oder?

Samstag, 20. Juli 2013

Siebtens - der Strümpfe-Fabrikant




Der Lange-Strümpfe-Fabrikant und ich, meine fast ganz erfundene Geschichte.

– die früheste Quelle meiner Erotik, 
erdacht von meiner Seele –



Unsere Familien-Wandergruppe. Fünf Kinder und Vater und Mutter – und ein Freund der Familie, Onkel Paul. Singend und etwas albern wandern wir durch die Herbstfelder. Es ist manchmal schon kühl, doch heute ist es warm genug um mit nackten Beinen zu wandern.

Irgendwo rasten wir, und Onkel Paul macht ein kleines Lagerfeuer. Wir suchen etwas Zweige und Kleinholz zusammen . . . Onkel Paul hat eine kleine Strümpfe-Fabrik, er möchte umstellen auf sein Hobby, nur Lange-Strümpfe. „Die Socken können andere spinnen, die können das alle sehr gut. Doch Lange Strümpfe sind sehr selten, meistens aus dem Ausland, oder aus alten Sammlungen der nun alten Leute, die sie als Kinder trugen, damals in den 1940er Jahren.“

„Was denkst du dir da? Lange Strümpfe für wen?“ „Na mal sehen, ich werde für Kinder anfangen, die Langen Kinderstrümpfe sind schon so lange aus der Mode, daß es etwas sehr Neues ist.“

„Was meinst du mit LANGE-Strümpfe?“ frage ich. „– die bis hierhin hochgehen? – bis eben übers Knie, sogenannte Overknees?“ Onkel Paul zeigt mir ein paar Zeichnungen, „nein, längere, für´s ganze Bein. „Aber da gibt´s doch die Strumpfhosen,“ sage ich. Und Mamma nickt.

 die Prinzen von Belgien um 1900

 nach einem Gemälde von Rudolf Koller

„Vielleicht wird daraus eine neue Mode, was denkt ihr?“ „Und was möchtest du nun, Paul?“ Onkel Paul sieht zu mir rüber, „vielleicht machst du da mit?“ „Wieso mitmachen, was denkst du, könnte ich da machen?“

„Du könntest welche tragen und mir berichten, wie das ankommt, was die anderen sagen, und besonders, wie du selbst das fühlst, ganz lange Strümpfe an den Beinen, bis oben hin.“

„Auch über die Farben und vielleicht Muster.“

Er hast ein paar Zeichnungen dabei, und wie ich seine Zeichnungen ansehe, kommt mir ein sehr warmes Gefühl, „ja, das möchte ich mal ausprobieren.“ Und Paul zieht ein paar braune Strümpfe aus seinem Wander-Rucksack, „zieh die mal an, sie sind etwa für deine Größe.“

Ein witziges Gefühl. Sie reichen tatsächlich über das ganze Bein, bis hinein in meine schon sehr kurzen Hosenbeine. „Die behalte ich nun mal an, ja?“ Wir wandern weiter – doch die Strümpfe rutschen immer wieder nach unten, ich ziehe sie alle paar Minuten wieder hoch. Onkel Paul zeigt mir noch Bilder, auf denen ich sehe, daß die Strümpfe irgendwie festgehalten werden müssen, verschiedene Arten gibt es da. „Heute habe ich nichts dabei, doch sieh mal hin, wie möchtest du das erstmal ausprobieren?“ „Alle Arten, mal so mal so, alles versuchen.“

Und so wandern wir schließlich wieder nach Hause, und ich ziehe die Strümpfe immer wieder am Bein hoch. Nach ein paar Tagen kommt Onkel Paul zu uns und gibt mir ein paar Dinge, um die Strümpfe zu halten. Als erstes nehme ich zwei Ringe aus Gummilitze, die ich mir wie in diesen Bildern um die Oberschenkel schlinge und zusammen knöpfe. Das trage ich einigeTage, und ich gehe so zur Schule. Einen Lehrerin ist sehr erstaunt, „so haben die jungen Leute die Strümpfe um die Zeit 1920 getragen, wie kommst du darauf?“ Ich erzähle die Sache, und sie ist begeistert.

Sie sagt, „das ist eine weiche und sensible Kleidung, und ich habe immer wieder erlebt, daß Schüler, die sich weich oder leicht kleiden, interessanter sind, mehr lernen, sie machen mehr mit dem Erlernten.“

„In Polen, ein Volk, das durch den Krieg am meisten gelitten hat, hatten sie es am nötigsten, ihre alte Feinheit und Zartheit zurück zu gewinnen. Ich habe in polnischen Filmen und Illustrierten gesehen, wie sie

Die Strumpf-Bänder der Jahre 1880 bis 1940,
sowohl für Frauen wie für Kinder.

in den ersten Jahren nach dem Krieg Wert auf die zarte Kleidung legten. Besonders bei Kindern und Jugendlichen – auch Lange-Strümpfe in Zeiten, als sie in anderen Ländern schon unmodisch geworden waren. Vielleicht ist so eine kulturell feinere Generation heran gewachsen.“


 „Lange Strümpfe trugen früher die Frauen und Kinder, Männer fast nie,“ sagt der Onkel. Hier ein Mädchen mit Strumpf-Bändern, zeigt uns Onkel Paul:


Jedoch es gibt Probleme mit dieser Art: Wie ihr seht, bedecken die Strümpfe so zwar die Knie aber nicht das ganze Bein. Onkel Paul meint, „das war die Mode als die kurzen Hosen fast bis zu den Knien runter gingen. Na ja, sie waren eben nicht wirklich kurz. Bei den heutigen sehr viel kürzeren Hosen biete ich das als eine Kleidung für kühle Sommertage an, nackte Schenkel aber die Knie geschützt. Und du kannst die Strümpfe, wenn es dir zu warm wird, weiter runter rollen. Und es ist eine Form, Strümpfe zu tragen. Damals hatten sie fast nur schwarze Strümpfe, und hierfür würde das passen.“

Doch ich denke mir, manche andere Farben wären auch interessant. 

Die meisten Kinder und Jugendlichen haben nicht viel Spaß an Neuerungen, oder an neuen Moden. Sie bleiben lieber beim Gewohnten. Dennoch – ich habe mich gewundert, daß manche Leute in unserer Schule solche Strumpfmode auch ausprobieren wollten. Das habe ich Onkel Paul gesagt, und er hat ein Päckchen mit etwa 15 Paaren geschickt, alle in schwarz, mit den Gummilitze-Ringen. Es waren eher die Mädchen, die das probierten als die Jungen – Mädchen sind da risikofreudiger, wie Mamma sagte. Dennoch, auch Jungen machten ihre Versuche. Und einige blieben dabei, besonders ich als eine Art Vorreiter – wie Papa in seiner soldatischen Sprechweise sagte –, blieben für einige Jahre dabei. Wir Jugendliche trugen die neuen Strümpfe zu kurzer Kleidung, Röcke beziehungsweise kurze Hosen, so daß die Strümpfe immer ganz zu sehen sind. Und die oberen Bereiche der Oberschenkel auch. Ein Rest Nacktheit am Bein.

Die Gummilitzen-Ringe werden von Alters her „Strumpf-Bänder“ genannt. Mit den Strumpf-Bändern ist es so: Sie haben ja Knopflöcher und einen Knopf, so daß wir sie weiter oder enger knöpfen können. Doch so ganz ohne Probleme sind sie nicht: sie können den Blutlauf im Schenkel beeinträchtigen, meinte Mamma kritisch, also Vorsicht, nicht zu fest knüpfen!

Wir tragen ja auch manchmal bunte “Overknees“, also Strümpfe, die ohne Gummiringe halten. Eher Mädchen, die sich gerne mal schmücken, als Jungen. Doch diese Overknees sind oft sehr eng und bedrängen die Bewegungsfreiheit. Da sind mir die Langen Strümpfe von Onkel Paul angenehmer, sie bedrängen das Bein nicht, liegen loser an.

Und: die Methode mit den Strumpf-Bändern hat noch etwas: da unsere Oberschenkel eben über den Knien meistens am schmalsten sind – besonders bei jungen Leuten –, aber nach oben weiter werden, halten die Strumpf-Bänder zuverlässig nur eben über den Knien. Doch manche mochten sie lieber höher, mussten also die Strümpfe immer wieder ein wenig hochziehen. Das wurde bald zu einer Sitte: die Strümpfe hoch ziehen.

Mir allerdings ist es lieber, wenn die Strümpfe weit in die Hosenbeine hoch reichen. Und dann brauche ich ein Patent, das sicherer ist als die Strumpfbänder. Ich muß den Strumpf irgendwie nach oben ziehen, und da hat Onkel Paul das alte Patent der „Strumpf-Halter“ anzubieten. Irgendwo in der Unterwäsche kann man die Strumpf-Halter anknöpfen oder annähen. Er bot uns ein Unterhemd an, das ja wie üblich an den Schultern hängt and an dem weiter unten die Halter befestigt sind. Sehr angenehm, fand ich. Und die Länge der Halter kann ich einstellen: es sind Loch-Gummilitzen, die man am Hemd in verschiedener Höhe anknöpft. Und am Strumpf ist ein Knopf angenäht. Etwa so wie auf dieser Zeichnung, nur hat Toni zwei Knöpfe am Strumpf, etwas sicherer.



Diese Kleidung hat mir nun sehr gefallen. Ich kann fast das ganze Jahr über kurze Hosen tragen, und kann die Beine schützen wie ich will – mal wärmer, mal kühler. Früher hatte ich lange Hosen, wenn es kühler wurde, doch die mochte ich selten  gerne. Da ist mir das so viel lieber, selbst beim Schlittschuh-Laufen.

Im Winter kann man ja auch zwei Strümpfe übereinander tragen, oder als Oberstes echte wollene Strümpfe. 



Hier zeigt ein Bild, wie es bei den Mädchen aussehen mag. „Die Mädchen sollten besser ganz Lange Strümpfe anziehen, fast bis zu den Hüften.“

Hier noch mal genauer, Brigitte hat nur einen Strumpf-Halter, doch meistens trugen sie zwei an jedem Bein.


Wenn es in der Klasse zu heiß wird – nicht selten wird überheizt! –, ist es einfach, die Strümpfe hinunter zu rollen, so wie man will. Oder beim Sport.

Oft passierte es, daß so ein Knopf abriss. Und wenn dann der Strumpf runterrutschte, war es unangenehm, also wieder alle zehn Minuten hochziehen. Abhilfe: an jedem Strumpf zwei Knöpfe, am besten auch zwei Halter, so wie Toni es hat.

Meine Gefühle: ich liebe diese Spannung, mit der ich die Strümpfe hielt, ich liebte es auch, wenn an den Unterleib etwas kühle Luft von unten wehte – da waren ja weder Strümpfe noch viel Unterwäsche, wenn ich alles richtig angezogen hatte und zurecht zog. Das waren die gefühlsmäßigen Vorteile gegenüber langen Unterhosen oder heute Strumpfhosen. Ihr könnt es oben an dem Mädchenbild sehen. 

Wenn ich mal im Sommer den Oberkörper frei machen will und alle Oberkleidung ausziehe, dann kann ich das Unterhemd nicht auch abwerfen, wenn Strumpf-Halter dranhängen. Außerdem kommt mir das Anhängen an ein Unterhemd oder ähnliches reichlich kleinkindhaft vor, und ist mir außerdem zu schlapp. Deswegen bot der Onkel mir eine andere Technik an: den Strumpfhalter-Gürtel. Er ist patenter, und er fühlt sich sportlicher an, er umfässt den Bauch in zuverlässiger Weise. 

Onkel Paul hat diese Skizzen vorher machen lassen und mir die Sachen erläutert. Hier ist eine Skizze, wie es gehen könnte und schließlich wurde:



Und er ließ mir so einen Strumpfhaltergürtel anmessen und schneidern. Und nun im Einzelnen wie der Strumpf angehängt wird:


Denn Knöpfe kann man nicht an alle Strumpfstoffe annähen, sondern bei feineren Strümpfen ist es besser, sie mit einer besonderen, althergebrachten Drahtschlaufe zu fassen. Hier zwei Zeichnungen, solche Drahtschlaufen sind eleganter als der Knopf mit der Litze. Und sie können feiner in der Länge eingestellt werden. Man kann sie auch für Feinstrümpfe (Seide, Nylons und so weiter) benutzen, doch das war nicht meine Sache. Frauen haben das oft so – wenn sie überhaupt Lange Strümpfe tragen. 



Und hier die Drahtschlaufe vergrößert. „Du klemmst den Strumpf zwischen die Schlaufe und die Lasche mit dem Knopf.“

Diese Schlaufen werden industriell gemacht, und sie sind in Kurzwarenläden erhältlich. Zuerst war es ein sehr eigenartiges Gefühl, wenn der Strumpfhalter den Strumpf hielt und oben in der Hose verschwindet und irgendwo an der Uterwäsche befestigt ist. Im eleganten Fall ist der Strumpfrand nicht zu sehen, und der Halter schon gerade nicht. Doch meistens ist es nicht so, wie ihr auf dieser Zeichnung sehen könnt, der Knabe sah so ähnlich aus wie ich mit 11 Jahren:



Dieses hätte ein Wunschbild von mir sein können, denn ich liebte sehr kurze Hosen und habe sie oft noch hoch gekrempelt. Und es war ein eigenartiges, sehr angenehmes Gefühl, dazu Lange Strümpfe zu tragen, bei denen manchmal die Haut – und auch mal ein Strumpfhalter raussahen. Gerne hatte ich es auch, wenn die anderen Kinder das bemerkten und hinsahen. Bald hatten auch ein paar weitere Mitschüler Lust sich so zu kleiden. Ich empfand diese Kleidung als eine spezielle Knabenkleidung. Es war unsere Jungens-Besonderheit – wenn auch Mädchen mehr und mehr zu Langen Strümpfen übergingen,

– nämlich so.

Onkel Paul´s Tochter Theresia machte es auch Spaß, und der stolze Vater ließ diese Zeichnung von ihr anfertigen. Theresia sagte schließlich, „ich habe entdeckt, daß zu einem Rock Lange Strümpfe gehören, ebenso wie ein Unterrock mit weißen Spitzen. Und die Strumpfhalter sind das Besondere daran. Das ist doch Mädchen-Art!“ Das hat mich sehr berührt, und ich musste dem – fast unter Rührungstränen – zustimmen. Wenn ich damals auch nie einen Rock trug – das habe ich erst 20 Jahre später begonnen. Obwohl ich das Sehnen schon hatte seit ich mit 8 das Bild eines schottischen Jungen im Schottenrock gesehen hatte und das Sehnen danach aufkam und mit den Jahren immer stärker wurde.

Die Strümpfe waren nicht nur eine Mode-Erscheinung, sondern es war manchen von uns eine Freude, sie zu tragen. Besonders dann, wenn ich sehr weite kurze Hosen trug, wie Turnhosen etwa. Da war auch mal ein Schamgefühl. Es gab ein Foto, da halte ich verschämt meine Hände auf die rausguckenden Strumpfhalter, da die Hosen zu kurz waren, um sie ganz zu verstecken. Oder dieses: manchmal steckten wir unsere Händen oben in die Strümpfe - wie sonst in die Hosentaschen:



Das ist mein Freund Anu, aber ich sagte Ani zu ihm, war ich viel zusammen. Von Anfang an machte er mit den Langen Strümpfen mit. Wir machten mal zusammen eine Fahrradtour und zelteten in der Natur. Da lernten wir, uns sehr zu lieben, weit über Freundschaft hinaus. Und unsere andere Kleidung war dabei wichtig, lies mal dieses:  

Sechstens -TANTRA MIT 15, GEMEINSAME RADTOUR IN MÄDCHENKLEIDERN,
ein Märchen



Manchmal schliefen Ani und ich zusammen im selben Bett, kuschelten miteinander, streichelten unsere Wangen, küssten uns, ganz nahe und dicht.