Sonntag, 21. Juli 2013

Viertens - Lars´ tiefe Liebe



Lars´ Liebe – meine Liebe
(Eine erfundene Liebesgeschichte um 1950)
(Lars´ love - my love)

An der Gartenpforte klingelt es, und mein Freund Lars kommt. Wir sind oft zusammen, lesen zusammen, basteln, gehen im nahen Wald spazieren, im Winter rodeln wir. Heute bin ich erstaunt, Lars hat zu seinem schwarz-grauen Sonntags-Anzug lange Strümpfe zu den kurzen Hosen an, ihr wißt, solche, die das ganze Bein bedecken, hell-graue Strümpfe. Wir waren 15 geworden, und ich hatte lange Strümpfe das letzte Mal getragen als ich 13 war, oder noch früher. Das war damals so üblich – bis zu jenem Alter. Warum nicht weiterhin, habe ich nie erfragt. Die Mädchen tragen ja immer welche, ich meine in jedem Alter, und danach sind es eben Frauenstrümpfe.

Lars also kommt durch den weiten Vorgarten, auf mich zu, und sein Anblick erregt mich wieder etwas, wie oft, wenn wir uns begegnen. Denn wir mögen uns sehr gerne, wir lieben uns und berühren einander oft. Heute blicke ich auf seine bestrumpften Beine und muß ihn ganz gerührt ansehen. Ich bin verlegen, denn in unserem Alter tragen wir keine langen Strümpfe mehr, aber sie stehen ihm. Zart muß ich zum Gruß sein Gesicht streichen, ich nehme es zwischen meine Hände und reibe meine Wangen an seinen.

Lange bleiben wir so stehen, bis ich endlich leicht mit meinen Lippen seine Lippen berühre. Das macht uns verlegen, und Lars flüstert, „ja, aber das ist schön so.“ Wir fassen uns an den Händen und gehen hinter unserem Haus in den Garten zu einem umgefallenen Baumstamm, auf den wir uns setzen. „Ich liebe es, wenn du diese Strümpfe trägst,“ sage ich leise. „Wie kommst du darauf, wo hast du sie her?“



 Lars streicht über seine Knie. „Mir ist so, als ob du sie gerne an mir siehst. – Hast du auch mal gesagt, vor ein paar Jahren.“ Er sieht mich an und zwinkert ein wenig. „Und ich habe sie schon immer gerne angezogen, doch damals  . . .   es wurde einfach unüblich, Jungens trugen sie nicht mehr, oder?“, und er streicht sich wieder über seine Knie.

Hebt seine Hand etwas, und streichelt sich dann weiter. „Eigentlich möchte ich, daß DU deine Hand auf meine Knie legst.“ Ich zögere, „– darf ich das?“ und lege eine Hand vorsichtig dahin, wo seine liegt, die Lars dann wegnimmt.

„Und ich habe meine Schwester gebeten, und sie gab sie mir gerne, sagt, sie stehen dir noch immer.“ „Und wie hast du sie fest gemacht, noch immer an einem Leibchen wie damals?“ Er zieht ein Hosenbein hoch und zeigt mir die glänzende Drahtschlaufe, die an einem rosa Knopflochband hängt, so wie die Mädchen es haben. „Und dann hat Lene mir einen ihrer Strumpfgürtel gegeben.“

„Und wie fühlt sich das an?“ „Viel besser als diese doofen Leibchen. Ich habe das Gefühl von Freiheit. Du hast diesen festen und weichen Gürtel um die Hüften geknüpft, und da hängen die Strumpfhalter dran, und wenn ich die Strümpfe angeknöpft habe, ist da eine angenehme Spannung, so wie eben jetzt.“

Heimlich denke ich, das möchte ich auch mal haben, und ich bin doch gehemmt. Wir ziehen die Beine an, und ein Blitz von Lars´s nackten Schenkeln sieht aus den kurzen Hosen heraus, richtig so wie früher. Das erregt mich alles, und ich stehe auf und gehe umher. „Du bist richtig süß,“ sage ich leise. „Du hast so eine süße, helle Stimme, ich möchte deine süße Stimme küssen, fällt mir gerade ein.“

„Und du hast nun eine tiefe Bären-Stimme,“ lacht er, „ganz anders als früher. Ich weiß, meine ist noch sehr hoch und kindhaft, ich weiß, magst du das?“ „Ja, ich liebe dich, du bist richtig liebenswert – oder wie soll ich sagen. Komm, wir gehen zwischen den Obst-Büschen umher, da sieht uns keiner.“ Ich nehme ihn an der Hand, und nach ein paar Schritten wende ich mich verlegen zu ihm und drehe seine Vorderseite an meine. Ich muß ihn ganz dicht an mir haben!

Die Büsche tropfen noch vom Regen vorhin, und ich mag es, wenn die Tropfen mich berühren, besonders wo die Haut nackt ist, an den Händen, im Gesicht.

Ich sehe Lars an. Er ist wirklich noch schmal knabenhaft geblieben. Und seine Kleidung steht ihm, und ich liebe ihn in diesem Auftritt. Er sagt, „weißt du, daß du eine etwas geschwollene Kehle hast? Das hat wohl was mit deiner tiefen Stimme zu tun, da muß die Kehle wachsen, damit das Männliche alles rein passt – wie bei allen Männern. Ist meine noch schmal?“ Ich streiche vorsichtig über seine Kehle, die schmal wie die eines Mädchens ist, finden ich. Weiter sage ich, . . .

„ . . .  und leider ist mein Körper so stark geworden, überall richtig ein wenig `männlich´, sozusagen. Das mag ich nicht so gerne, deine schlanke Figur ist mir lieber, würde ich auch gerne behalten, `Knabenfigur´ wie die Leute sagen,  . . .  doch, was will man machen.“ Und ich seufze, und mein Gesicht wird ein wenig hart.






Nun ziehe ich seinen Körper ganz dicht an meinen, die Vorderseiten zu einander. Umarme ihn und fühle seine Wärme an meinem Leib. Still stehen wir und atmen leise, und sehen einander in die Augen. Unsere Augen werden naß. Es ist so schön, so tief gehend. Langsam berühre ich mit meinen Lippen seine, und dann küssen wir uns. Es ist so wunderbar, sich zu küssen. Seine Lippen sind so weich. Und sie duften. Ganz vorsichtig küssen wir uns, berühren die Lippen einander. Schlingen einander die Arme um die Köpfe.



Lieben uns so sehr und ganz. Lange bleiben wir so stehen. Wir gehen zurück zu dem Baumstamm, „sonst reden wir oft so viel, heute garnicht,“ sage ich voll Freude. Und er, „darf ich dir mal meinen Strumpfgürtel zeigen?“ Lars zieht seine kurze Hose runter und die Unterhose ein wenig und da spannen die vier Strumpfhalter an seinem nackten Leib, straff von dem schneeweißen  Mädchen-Gürtel herab. „Ich mag das Mädchenhafte,“ sagt er. „Seit langem will ich mich dir in meiner Mädchenhaftigkeit zeigen, besonders weil ich spüre, daß du mich so besonders liebst. Und ich dich besonders liebe.“





Das alles sind Symbole unserer Liebe, und wir verstehen das bald.

Und Lars sagt später, „Ich wüsste nicht zu sagen, was Liebe mit den Mädchen zu tun hat, wie die anderen das immer betonen. Doch vielleicht, vielleicht verstehen sie das garnicht so wie wir beide das erfahren, aneinander, oder?“

„Wir sind so verliebt, daß es immer so bleiben sollte.“ – „Wir wollen immer zusammen bleiben, oder?“ „Komm doch zu uns gezogen, das werden wir wohl bestimmt hinkriegen.“ Und wir küssen uns so fest, daß es wie eine Versiegelung ist, ein langes Versprechen.

Unsere Eltern stimmen irgendwann zu unserer Knabenehe zu, sie meinen gewiss, daß das nicht lange dauern kann. Sie wissen nichts von der Ewigkeit. Doch zwischen all unseren immer heißer werdenden Küssen geschieht ein Wandel, auch ein geheimer Wandel. Lars zieht tatsächlich zu mir, und obwohl wir noch ein zweites Bett in mein Zimmer stellen, schläft er fast immer mit mir in meinem Bett. Dicht liegen unsere Körper aneinander geschmiegt, oft schlafen wir nicht ganz tief, meinen wir jedenfalls. Besonders unsere Gesichter streicheln wir, manchmal lange Zeiten in der Nacht. Niemand erfährt davon, du bist der erste Mensch, dem ich das erzähle, nach so langen Jahren.

Der Wandel  . . .  wie es so geschah fanden wir uns in einer ewigen, unendlichen Liebe wieder. Es änderte sich nichts mehr. Wir blieben wie wir bis dahin waren. Es war uns als ob wir die Zeitabläufe verlassen hätten, doch wir konnten es nicht mal für einander ausdrücken. Die Zeit war uns verloren gegangen. Wir fanden uns nur noch im Jetzt.  . . .  als ich alt war, später, kam mir ein Verstehen, als ich einen Vortrag von Osho hörte, der mich sofort sehr tief berührte. Ich erkannte sofort, wie es mit meiner Zeit stand. Nun erkannte ich endlich, wie es mit Lars und mir steht.

Es sind jetzt gerade Ferien; und es gibt keine Schulpflichten. Wir liegen zusammen, sitzen zusammen, gehen zusammen, und beim Essen geben wir uns einander die guten Bissen. Wir sind fast immer Arme in Arme verschlungen. Unseren Eltern ist das nicht so merkwürdig, denn wie sie erzählen, hatten sie alle in ihrer Jugend ähnliche Erlebnisse. Deswegen lassen sie uns. Doch das war einmal, heute sind sie anders, aber sie erinnern sich.

Ich denke, sie haben ihre regulären Zeitabläufe wieder gefunden, sind aus der Unendlichkeit zurück gekommen. Aber Lars und ich? Wir sinken immer tiefer, versinken in unsere Liebe, es gibt nichts anderes mehr als uns beide. Die Unendlichkeit ist unsere Heimat, unser beider Heimat. So wie unsere Körper und unsere Seelen miteinander verschmelzen, so unsere Leben. Ich kleide mich wieder so wie Lars es tut, suche mir meine bunten Knaben-Hemden und kurzen Hosen raus und suche mir wieder lange Strümpfe – wie wir sie vor Jahren anhatten und er sie nun wieder trägt, und ich nun auch. Diese Kleidung ist eine große Feinheit in unseren Seelen geworden, diese frühere Kleidung ist uns etwas sehr Feinsinniges. Sie ist geheimes Symbol unserer Liebe. Und lässt uns tiefer gehen. Und ich versuche, meine Stimme wieder zu erhöhen, meine Stimme wieder so hell wie sie noch vor Monaten war zu machen – damit sie Lars´s Stimme gleicht. Wir werden Eins, scheint uns.

Zusammen durchstreifen wir den Bergwald hinter der Stadt. Beobachten die Tiere – doch auf eines achten wir immer: wir trennen uns nie, nicht einmal für ein paar Minuten. Wenn es doch geschieht, bekommen wir sofort Angst, einander zu verlieren. Und rufen leise einander. Manchmal schlafen wir im Wald, eingewickelt in altes Herbst-Laub, versteckt in Gebüschen. Eng umschlungen wie im Bett. Einmal kommt ein großer Hund, beschnüffelt uns und legt sich gemütlich zu uns. Oder ist es vielleicht ein Wolf? Ich wollte, es wäre ein echter Wolf.

Und dieser Wandel ist ein Übergang in das, was wir Unendlichkeit nennen. Wir spüren die Unendlichkeit, wenn wir zusammen liegen, wenn unsere Lippen sich berühren, wenn unsere Hände einander streicheln. Wenn wir uns ansehen und betrachten. Mit unseren Körpern ineinander verschlungen, haben wir tatsächlich die Zeit verloren – und das ist eine unendliche Sache geworden. Etwas wie die „Unendliche Geschichte“ wie der Titel eines Buches von Michael Ende heißt. Die Endlichkeit ist aus unseren inneren Erlebnissen verschwunden. Doch wir sind nie wieder zurück gekehrt, anders als der Junge Bastian in Ende´s Unendlicher Geschichte. In einem Kommentar dazu heißt es: „ . . .  gelingt es Bastian schließlich, zu sich selbst zu finden und zu seinem Vater in seine eigene Welt zurückzukehren.“ So verlief unser gemeinsames Sein nicht . . . . .

Viele Jahre später höre ich in Indien einen Vortrag, eher so was wie eine Sprache, vom Master Osho, in der mir plötzlich klar wird, um was es geht.

In seinem Diskurs, „The vertical line opens a door into eternity“ (in Hari Om Tat Sat, Chapter #27, by Osho, am 24. Februar 1988) fragt jemand, „Beloved Master, you once said, »The Moment is Rare when Eternity penetrates Time«, es geschieht selten, daß die Unendlichkeit in die Zeit eindringt. Can you speek more on this?"

Und da sagte der Master etwa:   »..., die Frage scheint einfach zu sein, aber die Antwort ist sehr komplex. Das Komplexe wird vielfältig, weil die Frage nur aus deiner eigenen Erfahrung kommt, nicht von anderswo. So wie die Frage aus dir selbst kommt, muß die Antwort ebenfalls ein Teil deines Innern sein. Doch ich will mehr ins Einzelne gehen, um zu erläutern, was ich meine, wenn ich sage, es geschieht selten, daß die Unendlichkeit in die Zeit eindringt.

Zeit ist das, worin wir leben – sie ist horizontal. Sie ist von  A  nach  B  nach  C  nach  D , sie ist in einer waagerechten Linie. Unendlichkeit (oder Ewigkeit) ist vertikal. Sie ist nicht von  A  nach  B  und von  B  nach  C .  Sie ist von A  nach mehr A  und immer noch mehr A . Sie geht immer weiter aufwärts. Das geschieht selten, denn es geschieht nur, wenn Meditation ein Reifen erreicht hat, eine vollständige Reife. Wenn du deinen innersten Kern berührt hast.

Dann plötzlich wirst du gewahr, daß du selbst eine Wegkreuzung bist. Ein Weg geht waagrecht, in anderen Worten, er ist mittelmäßig, gewöhnlich, bedeutungslos, und er führt schließlich zum Tod. Die waagerechte Linie bewegt sich fortwährend zum Friedhof.  . . . «






Wie ich das gehört hatte, erschien vor meinen geschlossenen Augen in einer langen Mauer eine Art Gartentor, das geöffnet war, und dahinter ging es tief in die Unendlichkeit, und ich war mir nicht sicher, ob ich mich da hinein fallen lassen sollte. Ich tat es nicht, ich zögerte und zog mich zurück. Osho sagt noch:
»Wenn du in der Mitte deines Seins angelangt bist, in dem stillen Raum deines innersten Mittelpunktes, kannst du die beiden Wege sehen, einer waagerecht (der zum Tod führt), einer senkrecht in die Unendlichkeit.«

Wie es sich dann rückwärts gesehen ergab, entwickelten sich unsere Körper nicht mehr weiter – ein Wunschtraum, gewiß, und unsere Leben lang bleiben wir zusammen, eine Art Knaben-Ehe wie es die Märchen beschreiben. Oder ist dieses einfach ein Märchen? Hatten wir gemeinsam die Reife erreicht, von der Osho spricht? Vielleicht kommt dann die Auflösung – in die Ewigkeit









N a c h w o r t :


Zurück aus der Unendlichkeit der Liebe, – nun doch noch mal zurück in die regulären Zeitläufe – schreibe ich Dir, wer Lars war. Auf eine sehr geheimnisvolle Weise bin ich seit früher Kindheit verliebt. Meine erste Liebe war ein niederländischer Junge im Kinderheim in Hinterzarten als ich sechs war. Doch bald begann der Krieg (1939) und wir sahen uns nie wieder. Geheim lebte die Liebe in meiner Seele, doch weder suchte ich noch traf ich jemanden für meine Liebe  –  bis ich neun Jahre später Dagmar traf. Meine Liebe zu ihr blieb geheim, und sie verschwand auch bald wieder. Ach ja, auch in die viel ältere Dora Heise war ich verliebt, leise und ohne es zu sagen.


Mit 15 lernte ich Egmont kennen, wir lebten drei ein halb Jahre zusammen in diesem sehr schönen Internat, wohnten immer im selben Zimmer. Ich möchte sagen, ich war in ihn verliebt – und irgendwie bin ich es immer noch. Und gelegentlich schreiben wir uns. Doch ich wußte meine Gefühle damals nicht zu deuten – es gibt in unserer Kultur ja keine Hinweise für Knaben, die in einen anderen Knaben verliebt sind. Egmont war ein halbes Jahr älter und ein sehr hübscher Knabe, der nicht nur mich begeisterte.

Also, ich wußte meine Gefühle nicht zu deuten, und so kam es nicht zu der Nähe, wie ich sie in meiner Liebe mit Lars erlebte. Lars hat es nie gegeben, doch er vertritt meine unerkannten Sehnsüchte damals, als wir 15 bis 19 waren.

Ja, wir bekommen als Kinder und Jugendliche nie Hinweise, was es mit der Liebe zwischen Knaben Schönes auf sich hat. Wir hören nie, wie gut es einem ergehen kann in einer solchen Beziehung, wissen nicht damit umzugehen, wenn es uns packt. Eine Liebe zwischen Knaben beziehungsweise zwischen Mädchen ist gerade im jugendlichen Alter viel einfacher, und deswegen konnten wir uns viel tiefer in das volle Erleben hineinfallen lassen.

Vielleicht könnte die Liebe zwischen Frau und Mann ein paar Jahre später viel reifer sein, wenn wir als Kinder oder Jugendliche bereits die Liebesfähigkeiten unserer Seelen kennen gelernt hätten – in nicht-verwirrender Weise. Vielleicht hat die Schöpfung den Knaben für diese Liebesbeziehungen diese `liebenswürdige´ Erscheinungsform mitgegeben. Die ja ein paar Jahre später ganz anders aussieht, nicht mehr verlockend für Männer. Sondern in neuer Form  verlockend für die Frauen.

So hat diese Zeit des Knabe-Seins eine große Bedeutung für den heranwachsenden Jüngling – nicht so sehr zur Prägung der Mann-Rolle in der Gesellschaft sondern mehr zur wahren Reifung der eigenen Seele.

Zwei weitere Knaben-Fantasien seht ihr hier: http://tantricum.blogspot.de/ , 2009/August und 2011/Dezember.






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